Wenn meine Oma ein Kleidungsstück im Laden (gut) fand, kaufte sie das häufig in allen zur Verfügung stehenden Farben. Man könnte ja auf fremden Sofas sitzen und sich mit der Farbe beißen. Oder das neugekaufte Stück passt farblich nicht zu der zigten Übergangsjacke,die auch in mindestens vier verschiedenen Farben zur Verfügung stand und nochmal in den Pastelltönen der Saison.
Meine Oma war Meisterin des Farbenmatchings. Lippenstift passte zum Halstuch passte zur Jacke, passte zu den Schuhen. Auch Müllrunterbringen ging nicht ohne passenden Lippenstift zum Müllbeutel. Der Inbegriff von adrett. Aber nicht Oma-adrett, sondern flott-adrett. Und das Konzept wurde voll und ganz von ihr vertreten. Sobald ich Klamotte erwarb, konnte ich mich darauf verlassen bei ihr Unterstützung für einen weiteren Kauf zu erhalten: „Das ist aber schick, kauf dir das doch nochmal in grün.“ Oma knows best.
Aber ich nähe eher selten Schnitte zweimal, das reizt mich eigentlich nicht so. Aber seitdem ich schon zweimal traurig mit mitrotierenden Augen vor der laufenden Waschmaschine stand, weil die Birnenhose darin vor sich hin schäumte, hörte ich auf die Stimme meiner Omi. Und habe noch eine in Blau genäht. Für Oma. Grüße gehen hoch.
Nach auf der Skala von liebevollen bis scharfen Protesten alles dabei gegen meine Bezeichnung für die Birnenhose, mit den ebenfalls liebevollen bis scharfen Hinweisen ich sei definitiv kein Obst, habe ich die Hose trotzdem nochmal genäht. Also: Gleicher Schnitt, anderer Stoff, andere Bezeichnung. Sanduhr passt ja auch besser zu dem Konzept der Bilder.
Diesmal ein bisschen robuster und bodenständiger, aus marinefarbenem gewaschenen Twill mit Stretchanteil. Den gleichen in Rost habe ich in der Anlassiris vernäht. Der fällt ein bisschen steifer als der Stoff der Birnenhose. Max findet, wie er mir so liebevoll und charmant mitteilte, wie ein Müllsack, ich finde wie eine Hose, wie die Arbeiter auf dem Bild „Lunch atop a Skyscraper“ tragen. Ein Müllsack glänzt schließlich!
Der Unterschied bei dieser Hose ist, dass der Stoff mehr Stand hat und dadurch größere Falten wirft und ein bisschen aufträgt. Aber als ehemalige Baggyhosenträgerin stört mich das wenig.
Der Schnitt ist wieder der Männerschnitt von Stoff und Stil, ich habe die gleichen Änderungen vorgenommen wie das letzte Mal: Jeweils eine Kellerfalte links und Rechts vorne und schon ist sie auf Taille tragbar.
Die Fotos hat wie immer der Lieblingsfreund, noch auf Teneriffa, gemacht und seitdem liegen sie unverbloggt bei mir herum. Zum letzten Termin vor der Sommerpause des MeMadeMittwochs zum Thema „Ich packe meinen Koffer“ habe ich sie erstmal entsandet. Zwar treffe ich das Thema nur im Perfekt, aber Vergangenheitsformen zählen ja hoffentlich auch.
5 Antworten zu “Sanduhrhose oder auch die Stimme meiner Oma”
Einfach schön und ich finde 2 x nähen geht immer, hat man da dann doch den Schnitt schon besser im Griff und überhaupt :).
lG Melanie
Ich bin ein Seriennäher – und hätte in diesem Punkt viel mit Deiner Oma gemeinsam 😉
Wenn ein Schnitt gut funktioniert, dann gern in mehrern Farben oder Materialien.
Deine "Zweithose" gefällt mir, lässig und bequem und Dir schaut sie einfach toll aus. LG Kuestensocke
Siehe mal an, nicht nur ich nähe Zeug doppelt und dreifach. Ich bin jetzt gleich auch los in die Stadt, denn ich brauche wieder mal Stoff für eine weitere Haremshose. Die Dinger sind einfach so verflucht bequem, man kann nicht genug davon haben!
Dein neues Beinkleid ist echt schick geworden! Und sieht sehr lässig aus, zum dahinschlendern oder rumhängen sicher eine super Sache!
PS: Heute nähe ich auch Taschen rein. Nicht für die Hände, aber für Kleinzeug!
Hallo Ann-Sophie,
trotz Twill ist das eine Hose die super sitzt. Nix vonwegen Müllsack und so.
Und die Fotos sind ja mal wieder der Hammer, ne!?
Herzliche Grüße
vonKarin
und immer wieder: ich mag was du machst!
lg, S